Reiwag: "Stelle auch über 64-Jährige ein"
Reinigungsfirma reaktiviert auch ihre Rentner. Der Älteste ist 75.
Beim geplanten Bonus-Malus-System zur Anhebung der Beschäftigung Älterer wäre die Wiener Reinigungs- und Hausservicefirma Reiwag ein Bonusbetrieb. Das heißt, es werden mehr über 50-Jährige beschäftigt als im Branchenschnitt. Mehr als 30 Prozent der Reiwag-Mitarbeiter sind über 50 Jahre alt.
Der Älteste ist sogar schon 75 Jahre. Anton Fixl hatte bis Ende Dezember noch als Karenzvertretung im Management gearbeitet, seit ein paar Wochen ist er offiziell im Ruhestand. Ruhe geben will er deshalb aber noch nicht ganz. „Wenn mir in der Pension fad ist und die Firma mich braucht, helfe ich auch weiter gerne aus“, erzählt der rüstige Rentner. 35 Jahre arbeitete er in der Firma und kenne sie daher in- und auswendig.
Auch Zlatko Staresina wird mit seinen 69 Jahren bei Reiwag noch immer gebraucht, wenn Not am Mann ist – egal, ob im Lager oder bei der Qualitätssicherung. „So kann ich auch in der Pension noch mit den Leuten hier in der Firma Kontakt halten“, meint Staresina über seine fallweise geringfügige Beschäftigung. Ums Geld geht es beiden Herren nicht.
Beständigkeit
Reiwag-Chef Viktor Wagner, selbst den 70er schon überschritten, kann und will auf den Erfahrungsschatz seiner älteren Mitarbeiter nicht verzichten. „In unserem Geschäft geht es auch um lange Kundenbeziehungen und die Kunden wollen nicht ständig neue Gesichter“, argumentiert Wagner. Reiwag beschäftigt in Österreich 1500 Mitarbeiter aus 29 Nationen, Personal wird bei dieser Größe quasi ständig gesucht.
Auch bei Neueinstellungen hat Wagner keine Hemmungen vor dem Alter: „Das Alter ist mir völlig egal, ich stelle auch 64-Jährige ein.“ Wichtig sei lediglich, ob jemand physisch und psychisch in der Lage sei, die Aufträge beim Kunden zu erledigen. „Die Älteren sind meistens viel verlässlicher als die Jungen, sie haben eine andere Lebenseinstellung.“ Höhere Lohnkosten für Ältere spielen dabei kaum eine Rolle, denn im Gegensatz zu anderen Branchen ist die Gehaltskurve in der Reinigungsbranche relativ flach. Der Mindestlohn liegt über 1500 Euro im Monat, allerdings gibt es vorwiegend Teilzeitjobs.
Kündigungsschutz
Warum stellen so wenige Firmen Menschen über 50 Jahre ein? Haupt-Einstellungshürde ist laut Wagner der erhöhte Kündigungsschutz bei Älteren. Dieser gilt zwar nicht sofort nach Einstellung und nur unter bestimmten Bedingungen (Sozialwidrigkeit), er hätte sich aber „in den Köpfen der Firmenchefs“ eingeprägt. Ein weiterer Grund sei das in einigen Branchen besonders stark ausgeprägte Senioritätsprinzip, das Ältere ungleich teurer als Jüngere mache.
Obwohl der Mindestlohn in der Gebäudereinigung bei mehr als 1500 Euro liegt, tut sich die Branche schwer bei der Personalrekrutierung. Grund sind auch die Arbeitsbedingungen und familienfeindlichen Arbeitszeiten: früh am Morgen oder spät am Abend. Bei Teilzeitarbeit liegt der Gehalt oft nur wenig über Arbeitslosenbezug oder Mindestsicherung. „Da sagen viele, das tu ich mir nicht an, da bleibe ich lieber zu Hause und gehe pfuschen“, erzählt Wagner. Er versucht daher, seine Kunden zu überzeugen, verstärkt auch Tagesreinigung zuzulassen, was teilweise auch schon gelungen ist. „Die Firmen können sich mit Tagesreinigung viel Energie sparen und wir schaffen dadurch attraktivere Vollzeitjobs“, so Wagner.
Quelle: Kurier.at (https://kurier.at/wirtschaft/arbeitssuche-50plus-jobs-ohne-alterslimit/242.271.170)