Ein CEE-Insider im Gespräch

LEADERSHIP im Interview mit Viktor Wagner

 

Quelle: LEADERSHIP / WdF, Mai 2015

 

Der Eigentümer der REIWAG Facility Services GmbH, Viktor Wagner, im Interview mit LEADERSHIP. Er ist nicht nur in Österreich, sondern auch seit über 20 Jahren in Osteuropa (z. B. mit KOMWAG) tätig.

 

Wodurch unterscheiden sich die einzelnen CEE-Länder voneinander?

Die einzelnen CEE-Länder unterscheiden sich recht wesentlich! Besonders erfolgreich entwickelten sich Tschechien, Polen und die Slowakei. Wesentlich weniger Kroatien, Ungarn, Serbien, Montenegro, Albanien, Kosovo.

 

Welche Gefahren lauern im Osten?

Vorerst muss man mit dem Begriff „Osten“ aufpassen, den wir geprägt haben, als die Zeit des Eisernen Vorhangs aktuell war. Ein ranghoher Politiker in Tschechien wies mich, als ich das Wort „Osten“ verwendete, darauf hin, dass Tschechien mehr im Westen liegt als Österreich! Die Gefahren in den CEE-Ländern liegen, wenn man neu auf den Markt kommt, darin, dass man sich gegen eingeführte Unternehmen und auch internationale Konkurrenz heute behaupten muss. REIWAG gilt als „Ostpionier“, wir sind bereits 1991 in die damalige Tschechoslowakei gegangen und waren eines der ersten Unternehmen aus Österreich in diesem Land. Die spätere Beteiligung, welche vor Kurzem das 19-jährige Jubiläum feierte, bei der KOMWAG (Kommunal – Wagner), einer Aktiengesellschaft, wo REIWAG die Mehrheit hat und der Betriebsgegenstand Stadt-/Straßen-Reinigungen und Müllabfuhr in Prag und anderen Städten ist, war ebenfalls ein beachtlicher Erfolg. Das Know-how der MA 48 aus Wien ist erfolgreich eingeflossen.

 

Was waren die erfolgreichen und weniger erfolgreichen Deals in den Ostländern?

Als nicht erfolgreicher Deal kann das Engagement in der Ukraine bezeichnet werden, welches zwar nur von ganz kurzer Dauer war, aber damit endete, dass dunkel gekleidete Herren unserem Country Manager erklärten, wenn er bestimmte Dinge nicht veranlasse, würden seine Kinder einen Unfall haben. Einer der Oligarchen war zum damaligen Zeitpunkt auch unser Auftraggeber. Selbstverständlich zogen wir die Konsequenzen und versuchten das Unternehmen ordentlich zu schließen, was aber behindert wurde, indem sogar das ukrainische Finanzamt ein Schmiergeld in der Höhe von 5.000 US-Dollar verlangte, wie uns unser damaliger Rechtsanwalt mitteilte, damit es überhaupt bereit wäre, die Abschlussprüfung durchzuführen! Erst durch die Intervention durch den österreichischen Botschafter gelang es, dies zu verhindern und nach eineinhalb Jahren konnte korrekt liquidiert werden.

 

Wie sieht es mit Reformen (Stichwort: Steuerreform in Österreich) in den Ostländern aus?

Auch die Slowakei ist mittlerweile ein ganz wichtiger Industriestandort für die Autoproduktion geworden. Alleine Volkswagen beschäftigt am Rande von Bratislava mehr als 10.000 Mitarbeiter in einer einzigen Fabrik. Viele CEE und SEE-Länder sind in der Steuergesetzgebung wesentlich attraktiver als Österreich (Serbien 10 % Einkommensteuer + Förderungen für Arbeitsplätze).

 

Kommt Österreich unter Zugzwang aufgrund des Reformstaus
(Stichwort: Standortabsicherung, Ausbildung, Steuerbelastung, …)?

Österreich ist bereits gewaltig unter Druck, denn als Wirtschaftsstandort lagen wir in unserer besten Zeit auf Rang 11 und sind mittlerweile auf Rang 23 abgerutscht, wobei eine Verbesserung nicht in Sicht ist. Die vor Kurzem verabschiedete Steuerreform kann nur der erste Schritt zu einer wirklichen Reform in Österreich sein! Der fehlende Reformwille der Koalitionsregierung schadet dem Wirtschaftsstandort Österreich ganz enorm. Immer mehr internationale Konzerne haben enormen Erklärungsbedarf, warum sie ihr Headquarter in Österreich aufrechterhalten wollen. Sie versuchen das sehr gerne intensiv zu erklären, weil Wien die höchste Lebensqualität aller Städte der Welt aufweist, aber davon können wir nicht endlos zehren! Die überfälligen nötigen Maßnahmen sind hinlänglich bekannt:

  1. Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters bei Männern und Frauen
  2. Durchforsten der Förderungen (Transparenz-Förderungsdatenbank), am besten wie wir es in der Wirtschaft gewohnt sind mit einem „Zero Budget“
  3. Reduktion der Lohnkosten und der Lohnnebenkosten
  4. Einsparungswille bei den Länderfürsten usw.

Alle Vorschläge, welche u. a. der Rechnungshof erkannt hat, liegen auf dem Tisch! Es mangelt lediglich an der Durchsetzung!